„Der Fahrzeugbau im Saarland hat auf Grund seiner Innovationsgeschwindigkeit, seiner hohen Exportkraft und seiner Präsenz auf den Weltmärkten gute Chancen, die anstehenden Herausforderungen zu meistern und sich in einem wachsenden Markt zu behaupten. Am aktuellen Rand kommen die Impulse hauptsächlich von der robusten weltweiten Automobilkonjunktur, insbesondere aus China und dem Euroraum. Dämpfend dagegen wirkt das Wiederaufleben der Diesel-Krise und die Einführung des neuen Zulassungsstandards WLTP zum 1. September 2018. Mittelfristig besteht die Herausforderungen darin, dass das Kompetenzprofil der hiesigen Betriebe auf der Systemebene einen Schwerpunkt bei den klassischen Technologien rund um den Verbrennungsmotor aufweist, also in jenen Bereichen, die besonders stark vom Wandel betroffen sind. Entscheidend für den Erfolg wird die Geschwindigkeit und Intensität des Wandel sein, der sich auf Kunden-, Prozess- und Produktebene vollzieht  – und nicht zuletzt von der Fähigkeit und Bereitschaft der Unternehmen abhängt, auf einer Anpassung ihrer Geschäftsmodelle zu reagieren.“  So fassten die beiden Autoren – IHK-Geschäftsführer Dr. Carsten Meier und Dr. Pascal Strobel, Leiter des Netzwerkes automotive.saarland – die zentralen Ergebnisse des Branchenberichts der IHK Saarland zur Entwicklung des saarländischen Fahrzeugbaus zusammen, den die IHK heute (4.7.2018) in Kooperation mit automotive.saarland vorgelegt hat.

Weniger Umsatz und weniger Beschäftigte als im Vorjahr

Anders als im Bund hat der Fahrzeugbau an der Saar 2017 etwas an Schwung eingebüßt. Insgesamt erzielten die 19 Betriebe mit jeweils mehr als 50 Beschäftigten, die von der amtlichen Statistik erfasst werden, einen Umsatz von rund 9,8 Milliarden Euro. Dies entspricht einem Rückgang der Umsätze um 1,9 Prozent (Bund +4,5 Prozent) gegenüber 2016. Die Exportquote beträgt 59 Prozent (Bund: 64 Prozent). Die Beschäftigung verringerte sich gegenüber dem Vorjahr um 1,7 Prozent (Bund +1,4 Prozent). „Dass der Fahrzeugbau damit nicht an die positive Entwicklung im Bund und an die Dynamik anderer Kernbranchen der Saarindustrie anknüpfen konnte, lag vor allem an Sondereffekten (turnusmäßige Produktionsumstellung wegen des Modellwechsels bei Ford). Hinzu kam eine deutlich schwächere Nachfrage aus Großbritannien, die durch Absatzsteigerungen in anderen Regionen nur teilweise kompensiert werden konnte“, so Meier. Ursächlich dafür waren insbesondere das rückläufige Konsumklima infolge der Unsicherheit vieler Briten über den Ausgang der Brexitverhandlungen sowie der starke Euro, der die Importe aus dem Euroraum für die britischen Konsumenten verteuerte. Die von Januar bis April 2018 kumulierten Umsätze im saarländischen Fahrzeugbau liegen um neun Prozent über dem Vorjahresniveau. „Im laufenden Jahr sind daher wieder stärkere Wachstumsimpulse zu verzeichnen, zumindest unter der Voraussetzung, dass keine externen Schocks wie ein extrem hoher Ölpreis oder US-Einfuhrzölle auf europäische Fahrzeuge in Höhe von 20 Prozent eintreten“, so Meier.

Wahres Strukturgewicht höher

Die IHK verweist darauf, dass die wahre Bedeutung der Automobilbranche höher ist, als in der offiziellen Statistik zum Ausdruck kommt. Dies betreffe sowohl die Exportquote als auch Umsatz und Beschäftigung. So enthält die offizielle Exportquote nur die direkt aus dem Saarland ins Ausland gelieferten Waren, nicht aber jene Teile, Komponenten und Systeme, die als Vorprodukte zunächst in andere Bundesländer geliefert, dort verarbeitet und dann von dort aus exportiert werden. Nach Schätzung von IHK und automotive.saarland liegt die erweiterte Exportquote bei 75 Prozent. Das wirkliche Strukturgewicht wird aber erst dann vollständig ersichtlich, wenn auch jene Unternehmen anderer Branchen berücksichtigt werden, die ebenfalls signifikante Umsätze mit den hiesigen Unternehmen des Fahrzeugbaus erzielen, ohne direkt dieser Branche anzugehören. Hierzu zählen Teile der Stahlindustrie, die Gießereien, aber auch Betriebe des Maschinenbaus, der Gummi- und Kunststoffindustrie sowie Betriebe aus dem Bereich der Metallbearbeitung. „Alles in allem sind dem Fahrzeugbau im weiteren Sinne 260 Betriebe mit einem Umsatz in Höhe von 16,9 Mrd. Euro und damit gut ein Viertel des Gesamtumsatzes der Saarwirtschaft zuzurechnen. Mit mehr als 44.000 Beschäftigten ist im Automotive-Cluster mehr als die Hälfte aller Industriebeschäftigten an der Saar tätig“, so Strobel.

Breit aufgestelltes Produktportfolio

Ein Plus ist aus Sicht der IHK die räumliche Differenzierung der Absatzmärkte des Autolandes Saarland. Diese macht weniger anfällig gegenüber Rückschlägen auf Teilmärkten. Positiv ist zudem die breite Marktdiversifizierung des saarländischen Fahrzeugbaus hinsichtlich der Vielseitigkeit der Fahrzeugklassen und Modellvarianten mit saarländischem Wertschöpfungsanteil. Darüber hinaus reicht das Produktportpolio von Komponenten des konventionellen Antriebsstrangs (Verbrennungsmotorelemente, Dieselsysteme, Automatgetriebe und Abgasanlagen), über Exterieur- und Interieurelemente bis hin zu Fahrwerksbauteilen. So diversifiziert  das Produktportfolio aber auch ist: Das Kompetenzprofil der hiesigen Betriebe weist auf der Systemebene einen Schwerpunkt bei den klassischen Technologien rund um den Verbrennungsmotor auf, also in jenen Bereichen, die besonders stark vom Wandel betroffen sein werden und auf die aktuell zwei Fünftel des gesamten Umsatzes des Automotive-Clusters fallen. Umgekehrt ist der Fahrzeugbau an der Saar in jenen Bereichen, die auf Grund der Elektrifizierung, Automatisierung und Vernetzung der Fahrzeuge wachsen werden, bisher nur schwach vertreten. „Dennoch kann es eine Perspektive für den saarländischen Fahrzeugbau sein, dass derzeit viele Automobil-Konzerne, die im Saarland mit einer Niederlassung vertreten sind, in neue Mobilitätskonzepte investieren. Hier wird es darauf ankommen, die Produktionsexzellenz saarländischer Werke weiter zu verbessern, damit diese sich auch künftig im konzerninternen Standortwettbewerb als Technologie- und Innovationsführer behaupten können“, so Strobel.

Autoland Saarland mit guter Zukunftsperspektive

Aus Sicht von IHK und automotive.saarland hat das Autoland Saarland gute Chancen, die anstehenden Herausforderungen zu meistern und sich von dem größer werdenden Weltautomobilmarkt ein gutes Stück abzuschneiden. „Gleichwohl müssen Hersteller wie Zulieferer noch stärker als bisher Mobilität neu denken und in den Zukunftsbereichen Elektrifizierung, Automatisierung und Vernetzung neue Nischen finden und neue Wertschöpfungsanteile erschließen“, so Meier. Die IHK Saarland und das Netzwerk automotive.saarland unterstützen die saarländische Automobilindustrie dabei – mit gezielten Hilfen bei der Erschließung neuer Märkte, bei der intensiveren Vernetzung von Wirtschaft und Forschung und der Verwertung von F&E-Ergebnissen, beim Aufbau automobilwirtschaftlicher Softwarekompetenz und vielem mehr.

Der IHK-Branchenbericht  „Der saarländische Fahrzeugbau: Eine Branche im Spannungsfeld zwischen technologischen Innovationen, zunehmender Regulatorik und Marktstrukturveränderungen“ steht als Download auf der Homepage der IHK unter www.saarland.ihk.de bereit (Kennziffer: 1174).

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