Können Maschinen Strömungsturbulenzen erlernen? Diese schwierige und auf den ersten Blick etwas ungewöhnliche Frage möchten vier Wissenschaftler aus den Fachbereichen Strömungsmechanik, Informatik und Mathematik an der Technischen Universität Ilmenau beantworten. Dafür fördert die Carl-Zeiss-Stiftung in den kommenden fünf Jahren ein Forschungsprojekt mit 1,5 Millionen Euro.

Bei "lernenden Maschinen" handelt es sich um Rechenvorschriften für Computer, sogenannte Algorithmen, die aus vorhandenen Turbulenzmustern eine Vorhersage erlernen, die nach der Beendigung der Übungs- oder Trainingsphase verallgemeinert werden kann. Dieses sogenannte Maschinelle Lernen hat als Teilgebiet der Künstlichen Intelligenz (KI) das alltägliche Leben in den letzten Jahren stark verändert, ohne dass die meisten es wirklich mitbekommen haben: Sprachassistenten im Handy basieren auf diesen Algorithmen ebenso wie die Playlist-Vorschläge bei Musik- und Video-Streamingdiensten oder die Werbung in sozialen Medien. Kein Roboter oder selbstfahrendes Auto würde ohne diese Algorithmen auskommen. Je mehr Daten und Informationen zum Üben zur Verfügung stehen, desto besser werden die Vorhersagen. Dies ist eine der Ursachen für den enormen "Datenhunger" der Internetgiganten.

In ihrem interdisziplinären Forschungsprojekt wenden sich die Professoren Christian Cierpka, Leiter des Fachgebiets Technische Thermodynamik, Patrick Mäder, Leiter des Fachgebiets Softwaretechnik für sicherheitskritische Systeme, Jörg Schumacher, Leiter des Fachgebiets Strömungsmechanik, und Karl Worthmann, Leiter des Fachgebiets Optimization Based Control, dieser Problematik mit ihren jeweiligen Teams aus verschiedenen Richtungen zu. Ziel des Projekts ist es, Algorithmen zu entwickeln, die sogenannte Turbulenzbilder generieren, die den im Laborexperiment erzeugten natürlichen Strömungen oder solchen, die durch Lösung komplexer Strömungsgleichungen auf Supercomputern gewonnen werden, täuschend ähnlich sind.

Um dies zu erreichen, sind einige Hindernisse zu überwinden: Strömungsmessdaten sind oft verrauscht und können nicht alle feinen Wirbel auflösen. Simulationen hingegen können meistens nicht lange genug laufen, da sie sehr viel Rechenleistung benötigen. In vielen Fällen gibt es folglich nicht genug Trainingsdaten. Die Ilmenauer Forscher möchten diese Einschränkungen aufheben und zur mathematischen Analyse maschineller Lernverfahren beitragen, beispielsweise durch Algorithmen, die beide Arten von Trainingsdaten gleichzeitig verarbeiten können.

Gelingt dies den Forschern, das heißt könnten die Maschinen tatsächlich Strömungsturbulenzen erlernen, würde dies bedeuten, dass in vielen Situationen, in denen derzeit noch komplexe turbulente Strömungen in Natur und Technik modelliert werden müssen, neuartige und weniger aufwändige Modelle der Künstlichen Intelligenz eingesetzt werden könnten. Infolgedessen könnten zum Beispiel Klima- und Wetterprognosen verbessert oder der Kerosinverbrauch beim Fliegen gesenkt werden.

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