Zukunftsgerichtete Aktienmärkte
„Zunächst einmal wird sehr einfach klar, dass die Rezessionsdatierung keinerlei direkten Nutzen für die Marktphase der Rezession selbst zulässt”, erläutert Grüner. „Statistikbüros und offizielle Quellen arbeiten tendenziell rückwärtsgerichtet und somit entgegen der Aktienmarktperspektive.” Größere Abwärtsbewegungen in Form von Bärenmärkten würden in der Regel vor oder zu Beginn einer Rezession auftreten, jedoch niemals im Nachhinein. „Aktienmärkte preisen die fundamentalen Entwicklungen der kommenden drei bis 30 Monate ein”, so Grüner. „Somit liefern Meldungen über den Beginn oder das Ende einer Rezession keinerlei lukrative Erkenntnisgewinne. Wer beispielsweise seine Aktienpositionen im Juni 2020 verkaufte, als die Rezession festgestellt wurde, tat dies, als die Rezession bereits beendet war.” Dieses offizielle Wissen konnte sich derjenige wiederum erst in der aktuellen Woche aneignen.
Wirtschaftliche Neuorientierung ist nicht erfolgt
Die zweite wesentliche Botschaft folge aus der Dauer der Rezession selbst. Diese sei schlichtweg viel zu kurz, um zu einer wirtschaftlichen Neuorientierung zu führen. Der alte Wirtschaftszyklus sei nicht beendet worden, sichtbar werde das in vielerlei Hinsicht. Viele Unternehmen hätten bereits nach kurzer Zeit im selben Modus wie vor der Krise gearbeitet. Sie hätten neue Projekte gestartet und in Wachstumsmärkte investiert. „Der Kreditzyklus eines sich abschwächenden Kreditumfelds wurde nicht beendet, sondern lediglich unterbrochen”, analysiert Grüner. „Aus diesen Gründen konnten sich auch die übergeordneten Trends am Aktienmarkt fortsetzen.”
Dies führt Grüner weiterhin zu der Überzeugung, dass wir uns in einem spätzyklischen Bullenmarktumfeld befänden. „Value-Gegentrends sind jederzeit möglich – wie das erste Quartal 2021 eindrucksvoll belegt hat”, sagt Grüner. „Allerdings sind aus unserer Sicht weiterhin wachstumsstarke Unternehmen mit diversifizierten Produktpaletten, globalem Tätigkeitsfeld, bekannten Marken und sehr gutem Zugang zum Kreditmarkt zu bevorzugen.”
Fazit
Der Absturz von Februar bis März 2020 ist offiziell als Bärenmarkt in die Bücher eingegangen. Ein gutes Jahr später wurde nun genau definiert, wie lange die zugehörige Rezession gedauert hat – ganze zwei Monate. Als Aktienanleger ist man Grüner zufolge gut beraten, niemals auf die Bestätigung durch offizielle Daten zu warten – Aktienmärkte blicken in die Zukunft und es gibt kein gültiges „Signal“ für Gefahr oder grünes Licht von offizieller Seite. An diesem Prinzip habe sich also nichts geändert – und die kürzeste Rezession der Geschichte biete noch eine weitere Erkenntnis: Diese sei keine typische Rezession gewesen. „Der Marktzyklus wurde nicht beendet, wir befinden uns im späten Bullenmarkt und die wachstumsorientierten Aktien haben gute Perspektiven”, schließt Grüner.
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