Als chemische und damit speicherbare Energieträger sind Wasserstofftechnologien das Bindeglied zwischen Energie- und Mobilitätswende. Doch es gibt einige Herausforderungen – vor allem was die nachhaltige und umweltverträgliche Herstellung großer Mengen von Wasserstoff betrifft. Eine mögliche Lösung könnte der Einsatz von Solarenergie sein. In dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Verbundprojekt „H2Demo“ unter Federführung des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE in Freiburg arbeiten elf Partner an Demonstratoren für die direkte solare Wasserspaltung – mit dabei ist auch die TU Ilmenau mit wesentlichen Forschungsbeiträgen. Ihre Arbeiten im Bereich der Entwicklung der Tandemstruktur sowie der Fest-Flüssig-Grenzfläche werden mit über einer Million Euro gefördert. Die Gesamtfördersumme des Projekts beträgt etwa 14 Millionen Euro über einen Zeitraum von fünf Jahren zuzüglich erheblicher Eigenbeteiligung der industriellen Partner im Projekt.

Bei der Wasserelektrolyse wird Wasser aufgespalten in Wasserstoff und Sauerstoff, ein Vorgang, für den elektrische Energie benötigt wird. Für die Produktion von grünem Wasserstoff kommen hier erneuerbare Energien zum Einsatz. Bislang geschieht dies, indem Solar- oder Windstrom einen Wasser-Elektrolyseur antreibt. Einen Schritt weiter geht das Verfahren zur direkten solaren Wasserstofferzeugung über photo-elektrochemische Prozesse. Darunter versteht man die Absorption des Sonnenlichts in einem Halbleitermaterial, welches selbst eine ausreichend große Photospannung (> 1.6 Volt) generiert, um Wasser direkt in Wasserstoff und Sauerstoff zu zerlegen. Es eignen sich insbesondere sogenannte Tandem-Absorber, bei denen zwei absorbierende Materialien elektrisch seriell verschaltet werden, analog zu Tandem-Solarzellen, die in der höchsteffizienten Photovoltaik bereits eingesetzt werden. In kleinem Format wurde dieses Wasserstoffproduktionsverfahren bereits gezeigt. Ziel des Forschungsprojekts „H2-Demo“ ist es, erstmals größere Demonstratoren herzustellen.

„Zu den Arbeitspaketen in H2-Demo zählt die Optimierung der III-V Tandem-Absorber, die auf Silizium abgeschieden werden und deren Eigenschaften weiter verbessert und auf die spezifische Anwendung hin optimiert werden müssen“, sagt Projektkoordinator Dr. Frank Dimroth, Abteilungsleiter III-V Photovoltaik und Konzentratortechnologie am Fraunhofer ISE. „Zudem werden Prozesse und Anlagen für einen späteren industriellen Einsatz skaliert und neue Prozesse mit hohem Durchsatz entwickelt“, ergänzt er. Schließlich soll ein Demonstrator mit einer Fläche von 36×36 cm2 gebaut und auf einem Testfeld installiert werden, um die solare Wasserstoffeffizienz – H2-Erzeugung und Moduleffizienz – im Detail zu messen.

Die TU Ilmenau beschäftigt sich im Rahmen des Projekts vor allem mit den schwierigen Grenzflächen, die zwischen Silizium und den III-V-Halbleitern in der Tandemstruktur sowie zwischen dem Bauelement, dem "künstlichen Blatt", und dem wässrigen Elektrolyten liegen. Dabei ist die Anwendung sogenannter in situ Analytik eine spezifisch an der TU Ilmenau entwickelte Methodik. Die Tandemstruktur, die hier eingesetzt wird, besteht einerseits aus dem Halbleiter Silizium, dem ‚Arbeitspferd‘ der Halbleiterindustrie, und aus sogenannten III-V-Halbleiterverbindungen, die das Silizium in seiner Funktionalität praktisch veredeln. „Zusammen ergeben sie eine Tandemstruktur, die nötig ist, um genügend viel ‚Freie Energie‘, das heißt eine genügend hohe Photospannung für die Wasserspaltung bereitzustellen – und dies mit hoher Effizienz“, so Professor Thomas Hannappel, Leiter des Fachgebiets Grundlagen von Energiematerialien und Stellvertretender Direktor des Thüringer Energieforschungsinstituts (ThEFI), der das Teilprojekt an der TU Ilmenau leitet. Gemeinsam mit dem Fraunhofer ISE und der Phillips-Universität Marburg beschäftigt er sich schon seit Jahren erfolgreich mit der schwierigen Herausforderung, diese beiden Halbleitermaterialien möglichst gut miteinander zusammenzubringen: „Dabei muss man sehr präzise vorgehen und hinschauen, sozusagen auf atomarer Skala genau, und das können wir an der TU Ilmenau“, so Professor Hannappel. „Ebenso versuchen wir im Projekt bei einer weiteren, besonders schwierigen Grenzfläche, der Fest-Flüssig-Grenzfläche zwischen Halbleiter und der wässrigen Lösung, dem Elektrolyten, Stabilität zu erreichen und Korrosion zu verhindern.“

Darüber hinaus stellt die TU Ilmenau in der Analytik Messtechnik für die Ladungsträgerlebensdauermessung bereit und entwickelt neuartige Messtechnik zur Analyse von Oberflächeneigenschaften und Ladungsträgerdynamik sowie Leistungsmerkmalen in der Umgebung der photoelektrochemischen Zelle.

Insgesamt kommen im Projekt eine Reihe von Arbeiten, Möglichkeiten und Erkenntnissen zur Geltung, die die TU Ilmenau zusammen mit Partnern in Forschungsprojekten erarbeitet bzw. an der Universität geschaffen hat. Professor Hannappel: „Allein die Verwirklichung ausreichend guter III-V/Si-Tandemstrukturen wäre ein Durchbruch, der sich an vielen anderen Stellen gewinnbringend einsetzen ließe, beispielsweise in preiswerten Solarzellen mit hohen Leistungsmerkmalen.“

Weitere „H2Demo“ Projektpartner

AZUR SPACE, Helmholtz Zentrum Berlin, HQ Dielectrics, LayTec AG, Plasmetrex GmbH, Philipps-Universität Marburg, SEMPA, Technische Universität München sowie Universität Ulm.

Förderung des Projekts

Das „H2Demo“-Projekt wird mit rund 14 Millionen Euro über einen Zeitraum von fünf Jahren gefördert und ist einer von mehreren Gewinnern des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) ausgelobten Ideenwettbewerbs „Wasserstoffrepublik Deutschland“ im Bereich Grundlagenforschung. Die Projekte ergänzen die drei industriegeführten Wasserstoff-Leitprojekte, die ebenfalls noch im Frühjahr starten sollen.

Mehr Informationen auf der Projektwebsite:

https://www.wasserstoff-leitprojekte.de/…

Interview mit Prof. Hannappel über die Entschlüsselung von Grenzflächen für die nachhaltige Energieversorgung der Zukunft:

https://www.tu-ilmenau.de/…

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