Wie ein Monolith thront OWP 12 unmittelbar an der A 831 vor den Toren Stuttgarts. Mit seiner stringenten Formsprache ist der von SCD Architekten Ingenieure GmbH aus Stuttgart geplante 20 Meter breite und 70 Meter lange Quader ein Blickmagnet. Entsprechend des Nachhaltigkeitsanspruches des Bauherren wurden in weiten Teilen Baumaterialien eingesetzt, die weitgehend dem sogenannten Cradle to Cradle-Konzept entsprechen.
Ende der 1990er Jahre taten sich der deutsche Chemiker Michael Braungart und der US-amerikanische Architekt William McDonough zusammen und entwickelten ein nachhaltiges Konzept der Kreislaufwirtschaft: Cradle to Cradle, abgekürzt C2C. Wörtlich übersetzt bedeutet es „von der Wiege zur Wiege“. Auf die Baubranche bezogen: Schon beim Errichten des Gebäudes sollten Bauherren an den späteren Abriss denken. Vereinfacht ausgedrückt geht es also darum, Abfälle zu vermeiden und verbaute Rohstoffe nach Ende des Immobilien-Lebenszyklus möglichst gleichwertig für neue Bauvorhaben einzusetzen. Dafür müssen alle verbauten Materialien weitestgehend sortenrein trennbar, rückbaubar und schadstofffrei wiederverwertbar sein.
BIM für Nachhaltigkeit und Vorfertigung
Die beim Objekt eingesetzten Baumaterialien wurden auf der Grundlage des BIM-Modells detailliert in einem Materialpass dokumentiert. „Durch das BIM-Modell wissen wir genau, welche Module mit welchen Stoffen wir an welchen Stellen im Gebäude verbaut haben. Dieses digitale Gedächtnis ist damit auch Grundvoraussetzung für mehr Nachhaltigkeit“, erklärt Johannes Wiesinger, Senior TGA-Experte bei Drees & Sommer. Die digitale Planung ermöglichte zudem einen hohen Vorfertigungsgrad der modularen Fassade und eine zeit- und kostensparende Serien-Modulfertigung. Trotz ihrer technischen Komplexität konnte die Gesamtfassade von OWP 12 in nur 2,5 Wochen montiert werden. Insgesamt liegt OWP 12 mit zwei Jahren Bauzeit und 22 Millionen Euro im Zeit- und Kostenrahmen und ist eine Blaupause für effiziente gewerkeübergreifende Zusammenarbeit im Sinne eines nachhaltigen Gesamtkonzepts.
Die Gebäudehülle – ein Minikraftwerk
Die sogenannte e-coFace-Fassade vom Fassadenbauer FKN und Evonik kombiniert Highend-Wärmedämmung mit Schallschutz und besteht aus innovativen, nachhaltigen Materialien in mehreren, hochdämmenden Schichten. Die dafür vom Schüco Engineering Team konstruierten Aluminiumprofile in 90 mm Bautiefe nutzen die bewährte Innenkonstruktion mit thermischen Trennstegen, Dichtungen und Dämmung auf Basis des Aluminium-Fenstersystems AWS 75. Ebenfalls genutzt werden konnte das Dichtungs- und Kopplungssystem der Elementfassadenserie USC 65. Als Plusenergiehaus ist der Neubau OWP12 so konzipiert, dass im Betrieb mehr Energie erzeugt als verbraucht wird. Die Energiegewinnung erfolgt über Erdwärme- und Luftwärme-Pumpen sowie über Photovoltaikelemente auf dem Dach – und integriert in Fassaden- bzw. Verglasungselemente.
BIPV in transparenten und opaken Flächen
Mit der BIPV (Building Integrated Photovoltaics) von Schüco werden auf knapp 700 Quadratmetern Fassadenfläche in der Süd- und Westseite des Gebäudes rund 70 Megawattenstunden Ertrag im Jahr gewonnen. Das sind rund 40 Prozent des PV-Ertrages. Eingesetzt wurden sowohl transparente 3-fach-Isolierglas-BIPV-Module mit monokristallinen schwarzen Zellen als auch monokristalline schwarze BIPV-Glas-Glas-Module, als opake Elemente vorgesetzt vor die Hauptfassade. „Eine Herausforderung war die Auflage, wegen der Verkehrssicherheit die natürliche Spiegelung der PV-Module entlang der Autobahn zu reduzieren“, erzählt Marco Schech, leitender Projektingenieur für BIPV (Building Integrated Photovoltaics) bei Schüco. „Wir haben dann schließlich ein spezielles Deckglas gefunden, das durch seine außergewöhnliche Oberflächenstruktur die Reflektion deutlich abmindert und die behördlichen Vorgaben erfüllt.“ Ein interessanter Nebeneffekt ist, dass der Solarenergie-Ertrag durch dieses Spezialglas um teilweise bis zu 3 Prozent gesteigert wird.
BIPV als Designelement
Das Nischenthema BIPV nehme derzeit durch neue politische Vorgaben und ein Umdenken bei Bauherren und Firmen enorm an Fahrt auf, freut sich Schech. Auch bei Planern werde BIPV immer beliebter, weil bauwerkintegrierte Photovoltaik heutzutage sogar interessante Designeffekte ermögliche und Architekten in ihrer Kreativität nicht einschränke. „Beim Projekt OWP12 hatten die PV-Elemente 32 verschiedene Formate, was durchaus gängig ist. So schmiegt sich die BIPV an die unterschiedlichen Fensteranordnungen sowie Rand- und Eckbereiche an und folgt perfekt der architektonischen Form.“ Das kann David Schenke, Architekt und Fassadenspezialist bei Drees & Sommer, nur bestätigen: „Unser gestalterisches Ziel war, die Photovoltaik als Designelement in die Fassade zu integrieren, ohne die Optik durch sie diktieren zu lassen – und das ist uns sehr gut gelungen. Ich bin vom Herzen her ja auch Architekt und finde die BIPV-Fassade von OWP12 eine sehr ästhetische Lösung.“
Weitere Informationen über das breite Einsatzspektrum von BIPV in Schüco Systemen unter www.schueco.de/bipv
Bautafel
Projekttitel: OWP 12 (Obere Waldplätze 12)
Bauherr: Drees & Sommer
Architekt: SCD Architekten Ingenieure GmbH
Fassadenplaner: Drees & Sommer
Standort: Stuttgart-Vaihingen
Nutzung: Bürogebäude, Verwaltungszentrale
Bruttogrundfläche: 7.000 Quadratmeter
Projektlaufzeit: 07/2017 – 12/2021
Energiekonzept: Plusenergiestandard
Kombination aus Erd- und Luftwärme-Pumpe
Photovoltaikelemente auf dem Dach
BIPV (Building Integrated Photovoltaics):
- transparente 3-fach-Isolierglas-BIPV-Module mit schwarzen monokristallinen Zellen
- schwarze monokristalline BIPV-Glas-Glas-Module
Verarbeiter für Fassadensysteme: FKN Fassaden GmbH, Neuenstein
Die Schüco Gruppe mit Hauptsitz in Bielefeld entwickelt und vertreibt Systemlösungen für die Gebäudehülle aus den Materialien Aluminium, Stahl und Kunststoff. Das Produktportfolio umfasst Fenster-, Tür-, Fassaden-, Lüftungs-, Sicherheits- und Sonnenschutzsysteme sowie intelligente und vernetzbare Lösungen für den Wohn- und Objektbau. Darüber hinaus bietet Schüco Beratung und digitale Lösungen für alle Phasen eines Bauprojektes – von der initialen Idee über die Planung, Fertigung und Montage bis hin zum After Sales Service mit Wartung und Instandhaltung. Ergänzt wird das Portfolio durch Maschinen zur Fertigung und einen kundennahen Service. Als eines der führenden Unternehmen der Bauindustrie hat sich Schüco dem Ziel verschrieben, Vorreiter für ganzheitliche Nachhaltigkeit zu sein und mit seinen Produkten und Services einen aktiven Beitrag zur Verwirklichung von Klimaneutralität und Kreislaufwirtschaft im Bauwesen zu leisten. 1951 gegründet, ist Schüco heute in mehr als 80 Ländern aktiv und hat mit 6.750 Mitarbeitenden in 2022 einen Jahresumsatz von 2,28 Milliarden Euro erwirtschaftet. Weitere Informationen unter www.schueco.de
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